Schwellwertanalyse zur DSFA mit Beispiel
Um zu klären, ob ein mögliches, hohes Risiko vorliegt, das eine DSFA nach sich zieht, ist das Verhältnis zu anderen technischen Anforderungen der DS-GVO zu betrachten. Dazu nachfolgend ein (gewissermaßen überspitztes) Beispiel:
Ein Hausarzt zieht mit seiner Praxis in ein neu gebautes Haus. Das Gebäude hat allerdings noch keine "richtige" Haustüre, da diese noch nicht lieferbar war und erst in zwei Wochen eingebaut werden kann. Nach dem Umzug sind zudem die Patientenakten in Papier nicht geschützt, da auch die Aufbewahrungsschränke noch nicht geliefert wurden. Diese Umstände haben zur Folge, dass die Patientenakten in einem frei zugänglichen Raum liegen. Als Schutzmaßnahme bringt der Arzt ein Pappschild am Eingang an, dass der Zutritt zu dem Haus strengstens verboten ist.
Im Sinne einer Risikobeurteilung nach DS-GVO wird in diesem Fall von einem hohen Risiko auszugehen sein, da die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Diebstahls der Patientenakten maximal und der Schaden ebenfalls erheblich (ggf. gravierend) ist. Nach der DS-GVO gibt es nun zwei Möglichkeiten:
-
a)
Anwendung von Art.25 (Privacy by Design) und Art. 32 (Sicherheit der Verarbeitung) Das Risiko wird plausibel "mit einem scharfem Daumen" abgeschätzt. Dazu werden mögliche Schadensszenarien verwendet, die von (im Datenschutz geübten) Personen durch Analyse der Verarbeitungssituationen als plausibel erachtet werden. Dieser Ansatz ist ähnlich zu dem Vorgehen nach § 9 BDSG (technische und organisatorische Maßnahmen). Nach Anwendung der Maßnahmen wird wieder plausibel abgeschätzt, ob ein nennenswertes Restrisiko vorhanden ist. Der Vorteil dieses Ansatzes ist, dass dieser sehr gut skaliert, d. h. für z. B. einen Hausarzt einfachere, weniger und günstigere Maßnahmen ausreichend sind als für einen Versicherungskonzern.
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b)
Es wird eine Datenschutzfolgenabschätzung durchgeführt. Dazu ist meist ein Team aus Spezialisten (Informatiker, Juristen, Fachleute von Fachbereichen,…) notwendig, die eine sehr ausführliche und systematische Risiko-Beurteilung abgeben. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf mögliche Risiko-Quellen ("Ursache") zu legen. Das methodische Knowhow sowie der Zeit- und Kostenfaktor ist dabei nicht zu unterschätzen.
Beim oben aufgeführten Beispiel des Hausarztes würde dies bedeuten:
a)
Durch Anwendung des risikoorientierten Ansatzes nach Art. 25 und Art. 32 DS-GVO ergibt sich, dass eine stabile, abschließbare und einbruchshemmende Haustüre sowie sichere Aufbewahrungsschränke (und natürlich viele weitere Anforderungen wie z.B. Rollen-/Rechtekonzepte in der Arztsoftware, Schutz der Arbeitsplatzrechner, Diskretionsbereiche oder das richtige Löschen von alten Daten) notwendig sind.
b)
Die Durchführung einer DSFA würde das gleiche Ergebnis ergeben.
Bei der Fragestellung, ob eine DSFA durchzuführen ist (also ein hohes Risiko vorhanden sein könnte), muss zuerst (evtl. in mehreren Iterationen) der risikoorientierte Ansatz nach Art. 25/ Art. 32 DS-GVO umgesetzt werden. Standardmaßnahmen sind daher zwangsläufig durchzuführen. Nach Anwendung dieses Ansatzes wird das Restrisiko ermittelt, das die Grundlage für eine DSFA nach DS-GVO bildet.